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Baumwolle

Viele meiner Lieferanten haben die Preise für Baumwoll-Textilien zum 1.7.2010 drastisch erhöht. Es war mir sowieso unverständlich wie ein Mittelklasse-Qualität-Standard-Schnitt-T-Shirt nur 2,33 € netto kosten kann...

Baumwolle - die Faser

Kleidungsstücke aus Baumwolle können sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen. Sie fühlen sich noch trocken an, wenn sie 20 % ihres Gewichtes an Wasser aufgesogen haben und tropfen erst, wenn sie zu mehr als 65 % vollgesaugt sind. Dann trocknen sie allerdings langsam. Baumwolltextilien sind kaum wärmeisolierend. Sie verfilzen nicht und laden sich nicht elektrostatisch auf. Allerdings sind Baumwollfasern kaum elastisch und knittern stark. Sie gehen beim Waschen stark ein, 15% Einsprung sind normal.

Vor dem Spinnen oder Zwirnen der Garne für die jeweils gewünschte Verwendung müssen die Baumwollfasern aufbereitet werden. Man spricht auch von der so genannten Ausrüstung. Damit sind hunderte bis tausende von Substanzen gemeint, die meist ein gut gehütetes Geheimnis der Textilindustrie bleiben. Ohne jede Deklaration können bis zu 20 % an Zusatzstoffen im Endprodukt enthalten sein. Die Ausrüstung ist in erster Linie eine Kostenfrage, sie kann auch mechanisch und ohne Einsatz von Chemikalien durchgeführt werden.

Baumwolle - die Pflanze

Baumwolle ist interessanterweise eine der wenigen Pflanzen, die ursprünglich auf mehreren Kontinenten heimisch ist: Amerika, Afrika und Asien. Die besten Fasern liefert die Art Gossypium barbadense (Ägyptische Makobaumwolle oder Pima-Baumwolle), den Löwenanteil an der Weltproduktion liefert mit 90%  Gossypium hirsutum - beide aus Amerika. Sie wird auch auf diesen Kontinenten schon lange kultiviert und genutzt. Ihren Druchbruch als "die" Textilfaser schlechhin verdankt sie aber der guten maschinellen Verarbeitungsmöglichkeit und — der Sklaverei.

Baumwolle - der Markt

Lange war die Verarbeitung von Baumwolle eine aufwändige Handarbeit: Für ein Pfund verarbeitungsfähige Baumwollfäden war ein Einsatz von 13 Arbeitstagen nötig; für Seide nur sechs Arbeitstage, für Leinen zwei bis fünf und für Wolle ein bis zwei Tage. Vor 1750 waren englische Spinner nicht in der Lage, Baumwollfäden zu spinnen, die ausreichend fest genug waren, um reine Baumwollgewebe herzustellen. Reine Baumwollgewebe wurden nur in Indien hergestellt. Erst die Erfindung der Spinning Jenny und weiterer Maschinen zur Verarbeitung der Rohfaser beschleunigte die Verbreitung der Baumwollfaser: Von 1790 bis 1800 stieg der jährliche Baumwollexport allein aus South Carolina von weniger als 10.000 auf mehr als 6 Mio. Pfund an. Die Sklaverei erreichte nach der Einführung des Baumwollanbaus ihre größte Ausdehnung.

Baumwollfasern stellen heute 33% aller Textilfasern (und 75% aller Naturfasern) in der weltweiten Produktion. Baumwolle verbraucht etwa 25 % der weltweiten Insektizid- und 10 % der Pestizidproduktion, sie wird meist in Monokulturen angebaut und braucht an vielen Stellen künstliche Bewässerung. Die jährlich Produktion liegt bei ca. 24 Millionen Tonnen, davon in China 32%, Indien 22% und USA 12%. Der Anteil an Bio-Baumwolle ist mit weniger als 1% immer noch sehr gering.

2009 wurden 49% (16,1 Millionen Hektar) der globalen Baumwoll-Anbaufläche mit transgenem Saatgut bepflanzt, sie wurde 2009 in 12 Ländern angebaut.

Heute werden die meisten Baumwolltextilien in Billiglohnländern produziert, die Arbeiter oft unter dem Existenzminimum entlohnt.

Baumwolle - die Alternativen

Die allereinfachste Alternaive ist zum einem erst mal: weniger. Weniger, dafür hochwertigere KLeidungsstücke und möglichst aus kontrolliert biologischem Anbau, gefertigt zu menschenwürdigen Bedingungen. Ok, da können wir nicht immer rein gucken, aber weniger hilft schon mal.

Andere Fasern nutzen: Baumwolle wärmt nicht, also wäre hier Schurwolle besser. Leinen hat ein viel besseres Feuchtigkeitsverhalten und Leinen kühlt und wärmt - damit ist sie der Baumwolle in vielen Einsatzbereichen überlegen.

Bio-Baumwolle verlangen: Ja, auch hier wird betrogen :-( Aber der Gedanke, dass ich Fasern aus genveränderten Pflanzen trage, macht mich nicht gerade glücklich...

 

Ute Luft, Juli 2010